Escape, Transsib Reise
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Transsib Teil 6 – Von Novosibirsk bis Ulan-Ude

Unsere zweite Zugfahrt mit der Transsib starten wir um 2 Uhr morgens. Unsere Freude auf unser Kupe wird anfangs etwas gedämpft. Wir haben wieder zweite Klasse gebucht, nur diesmal haben wir ein deutlich älteres Modell erwischt. Das ist zwar schön vintage, aber insgesamt auch schon ziemlich abgeranzt. Die Wände sind in schicker Nussholzoptik und statt blauen Stoff gibt es braune Lederbänke, allerdings ist das Kupe auch etwas kleiner, schmutziger und es gibt keine eigenen Steckdosen im Abteil wie bei unserer ersten Fahrt. Das Klo für diesen Wagon ist ein hässliches Ungetüm, dem etwas Militärisches anmutet.

Holzklasse

Diesmal müssen wir uns selber das Bett machen, was in der Enge des Abteils ein mittleres Kunststück ist. In der Nacht befürchte ich, aus dem Bett zu fallen, da der Zug so heftig wackelt und holpert, zum Glück ist ein Schutz an den oberen Betten angebracht. Ist die Strecke rauer geworden oder liegt es daran, dass wir nun fast am Ende des Zuges liegen, rätsle ich.

Sogar unsere neue Provodniza ist etwas rescher als die vorige, aber sie sagt uns auch, dass wir zu ihr kommen sollen, wenn es Probleme gibt. Während im modernen 2. Klasse Abteil unserer ersten Fahrt, die Provodniza das Abteil mit einem Staubsauger zweimal am Tag reinigte, kehrt die Dame hier mit einem Besen.

Es kommt uns ein bisschen wie ein kleiner Abstieg vor, da wir ja schon in den Genuss eines neueren Abteils gekommen waren, aber schlussendlich hat diese Retro-Erfahrung ja auch seinen speziellen Charme. Spätestens am nächsten Morgen haben wir es uns schon wieder im Kupe gemütlich gemacht, wenn auch mit deutlich tieferen Augenringen unter den Augen.

Hauptbeschäftigung: Aus dem Fenster schauen

Das Steckdosenproblem hat die Familie im Abteil neben uns mithilfe eines Verlängerungskabels und einer Verteilersteckdose gelöst, um ihre technischen Geräte am Gang aufladen zu können. Wir müssen halt Akku sparen. Wie sich herausstellt, ist das kein Problem, weil aus dem Fenster sehen sowieso die beste Beschäftigung ist.

Die Landschaft ist jetzt abwechslungsreicher, buntere Wiesen, mehr Baumvielfalt, Bäche, sogar Hügel und immer wieder Dörfer mit kleinen, bunten Holzhäusern. Kaum vorstellbar, dass diese Hütten im kalten, sibirischen Winter bewohnbar sind. Doch jetzt ist vor jedem Haus ein kleiner Garten angelegt in dem Gemüse und Obst angebaut wird.

Wieder sind die Bahnhofstopps die willkommene Gelegenheit Vorräte aufzufüllen und sich die Beine zu vertreten. Wir halten in Krasnojarsk und Kansk und kaufen dort alten Damen Palatschinken mit Süßkäse und Grammelfüllung, frische Waldbeeren und getrockneten Fisch ab. Ich beeile mich, gute Fotos von den schönen Bahnhofsgebäuden und dem Treiben am Bahnsteig zu machen. Als es langsam gegen 10 Uhr dunkel wird, spielen wir Karten und trinken heimlich Bier und Wodka in unserem Abteil. Der letzte längere Stopp bevor wir uns schlafen legen ist Nischni Odinsk.

(Nächster Beitrag: Das Dorf der Kühe am Baikal See)

 

 

 

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