Hier ein superschneller Beitrag für jene, die sich fragen, wie es mir so ergangen ist.
Mir geht es gut. Meine Nebenhöhlen sind zwar vom Staub völlig verstopft und deswegen fühl ich mich ein bisschen krank, aber das ist hier so normal wie bei uns eine Verkühlung.
Ich habe die Woche versucht wie die Nicas einfach alles ein bisschen cooler zu nehmen. Das ist mir mal besser, mal schlechter gelungen. Wo ich in der einen Klasse kapitulieren musste und einfach so lange ein Lied mit dem Text „Hello, Hello, Hi, Hi, Hi, Hi“ spielte bis die Stunde vorbei war, konnte ich in einer anderen die Kinder mit meiner Methode des aktiven Lernen wieder mitreißen. Es ist wie es ist, einmal ist der Unterricht mies, dann wieder gut.
Aber solang die Kinder mich weiterhin mit Liebesbekundungen, kleinen Geschenken wie Jacote-Früchte, Stifte und vor allem Zeichnungen überhäufen habe ich beschlossen, diese Wertschätzungen einfach als solche anzunehmen. Auch wenn sie wahrscheinlich nicht auf meine Qualitäten als Lehrerin beruhen, sondern auf meine pure Existenz, was eigentlich auch schön ist.
Das bin dann wohl ich (auch die Rose – ein Kugelschreiber – im Haar ist ein Geschenk)
„Todos los dias pienso en tí profesora“
Bald mach ich eine Galerie auf
Vielleicht hat auch der Glücksbringer, den ich von Maria, aus dem Amucobu-Team, bekommen habe, schon seine Wirkung gezeigt. Ein Armand auf dem der Heilige Judas Tadeo abgebildet: „el Santo de las causas imposibles“ – für schwierige Situationen. Äußerst praktisch, ich muss mal nach dem Heiligen suchen, der für Unsicherheit und ungesunden Perfektionismus zuständig ist.
Auch wenn es in meinen bisherigen Posts vielleicht nicht durchgeklungen ist, ich bin wirklich froh, dass ich in dieser Schule gelandet bin. Die Leute dort sind die pure Herzlichkeit und Heiterkeit. Immer wird gelacht und gescherzt, dabei ist ihr Leben nicht leicht. Sie sind so schlecht bezahlt, dass sie teilweise auch noch an einer anderen Schule arbeiten, sie wohnen praktisch ohne Privatsphäre oft mit ihren Kindern und deren Kindern und sehen die Probleme im Viertel jeden Tag.
Und alle kümmern sich um mich. Als ich von meinen Schlafproblemen erzählt habe, hat mir Gustavo, vom Amucobu-Team, ein paar Blätter von einem bestimmten Baum einer Orangenart gepflückt und mir gesagt, wie ich einen Tee zubereiten kann, damit ich besser schlafe (es hat geholfen).
Brenda und Jorge, die Direktoren, betonen jeden Tag, dass ich mich nicht stressen soll und wenn ich ihnen nur ein paar Wörter beibringe, sei das schon ein Erfolg. Sie versorgen mich mit Nicaslangwörtern und einigem schmutzigen Vokabular, und freuen sich wie die Kinder, wenn ich diesen Wortschatz anwende. Ich darf dabei sein, wenn sie Geburtstag feiern mit viel Rum und Gitarrenmusik und schönen alten Liedern über Frauen und die Revolution; und wenn sie wichtige Themen besprechen, zum Beispiel, wenn sie eine Reflexionsgruppe für Drogenabhängige im Viertel gründen wollen.
Das Team von Amucobu ganz konzentriert beim Workshop zur Gründung einer Reflexionsgruppe. (Tanja vorne, von hinten nach vorne: Brenda, Gustavo, Maria, Fátima und Esmeralda)
Von Links nach Rechts: Brenda, Gustavo, Maria, Esmeralda und Jorge.
Esmeralda, die Chefin der Schule und des Projektes, lädt mich zum Essen ein, obwohl sie selber keineswegs viel Geld besitzt, nur weil sie eine leitende Position inne hat. Und sowohl sie als auch Brenda haben mir angeboten, dass ich bei ihnen wohnen kann, damit ich mehr Gelegenheit habe Spanisch zu reden und das Barrio Walter Ferrety sowie die Kultur richtig kennenlernen kann. Am Dientag werde ich mit Brenda einen Ausflug durchs Barrio machen und mich dann entscheiden, ob bzw. wie lange ich zu einer der beiden ziehe. Im Moment wohne ich ja im relativen Luxus, den man in Nicaragua auch haben kann. Bei meiner quasi Schwägerverwandtschaft Martina und Mesfin gibt es einen Tank falls mal das Wasser ausgeht, luftige Hausstruktur mit kleinem Garten und Hängematten, Internet, Kühlschrank und außerdem wohnen wir in einer sicheren Gegend wo ich mich tagsüber problemlos bewegen kann. Aber sobald ich daheim bin kriege ich nur wenig vom Leben der Nicas mit – zumindest nicht von der Innenperspektive. Natürlich haben die NGO-Mitarbeiter, die ich durch die beiden zahlreich kennenlerne, auch sehr viele spannende Geschichten über ihre Arbeitserfahrungen hier zu erzählen. Viele sind desillusioniert, manche haben sich verliebt, einige werden länger bleiben, alle haben sie ihren Perfektionismus abgelegt. Alle!
Aber meine Zeit ist so kurz und ich hab noch soviel vor hier!
Wohnen unter dem Mangobaum:
Die Straße in der ich wohne Ein Gecko – meine Lieblingshaustiere Beim Mangopflücken Die Ernte
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