Zugfahren ist umweltschonend, sicher, bequem und praktisch. Warum also nicht den gesamten Urlaub damit verbringen? Und welche Bahn wäre dafür besser geeignet, als die Transsibirische Eisenbahn? Keine, behaupte ich jetzt einfach! Aber überzeugt euch selbst.
In den kommenden Wochen werde ich regelmäßig Beiträge veröffentlichen, die von meiner Transsib-Reise von Moskau bis nach Wladiwostok sowie den Aufenthalten davor, dazwischen und danach in Russland berichten. Die Reise fand von Mitte Juli bis Anfang August 2018 statt und startete in St. Petersburg. Mit dem Zug ging es von dort nach Moskau, wo die Transsib Route beginnt. Weitere Stopps waren Novosibirsk, Sukhaya am Baikal See und Ulan-Ude.
Vorbereitungen für die Transsib
Die Transsibirische Eisenbahn ist Kult, pure Nostalgie, bewegte Sehnsucht. Das zeigt sich schon vorab an den Reaktionen der Leute. „Oh wie schön! Das wollte ich auch schon immer einmal machen!“, entgegnen sie mir, wann immer ich von meinen Plänen erzähle.
Ist die Nostalgie gerechtfertigt? Wenn ich an Russland denke, fällt mir zuerst Putin, Krim und Tschetschenien-Kriege, aber auch Anna Karenina, Ballett und Matrjoschka-Figuren ein – insgesamt beschämend wenig für so ein riesiges Land. Noch ein Grund mehr Russland zu bereisen. Gemeinsam mit meinem Lebensgefährten und zwei sehr guten Freund*innen werde ich zumindest einen Anfang machen, dieses Land etwas besser zu verstehen.
6 Tipps vorab:
Eine wichtige Info vorweg, weil diese Frage häufig gestellt wird: Die Transsib ist kein einzelner Hop-on-hop-off-Zug im Sinne, dass die Passagiere nur ein Ticket kaufen und dann jederzeit den Zug verlassen und wieder einsteigen können. Für eine Strecke von A nach B wird ganz normal ein Ticket für einen der vielen auf der transsibirischen Strecke verkehrenden Züge gekauft. Wer in einer Stadt länger Halt machen möchte, kauft das Ticket bis dahin und muss für die Weiterfahrt erneut ein Ticket erwerben. Aussteigen zwischendurch und dann wieder in den gleichen Zug hüpfen, geht höchstens für 30 – eventuell auch mal für 40 – Minuten bei den einzelnen Aufenthalten an den Bahnhöfen.
1) Reiseroute planen
Eine Russlandreise ist nichts für Spontane, denn jeder Aufenthalt muss für das Visum angegeben werden und theoretisch braucht es dafür auch von jedem Hotel, jedem B&B etc. eine Einladung. Da wir meistens nur Antworten auf Russisch vom angeblich Englisch sprechenden Gastgeber*innen bekommen, engagieren wir dafür eine Agentur für 30 Euro. Das ist unkompliziert und geht relativ schnell.
Planen und entscheiden wohin wir wollen, müssen wir trotzdem selber. Zu viel zu sehen, zu wenig Zeit – das übliche Problem. Wir wollen die wichtigsten Städte nicht verpassen, aber genauso Natur und authentische Reiseerlebnisse erfahren.
Unsere Strecke:
St. Petersburg (2 Nächte) – Fahrt nach Moskau, Umsteigen in den Zug nach Novosibirsk, 2 Nächte im Zug – 3 Nächte in Novosibirsk – 2 Nächte im Zug bis Ulan-Ude – 5 Nächte am Baikal See – 1 Nacht in Ulan-Ude – 3 Nächte im Zug bis Wladiwostok – Rückflug nach Moskau (3 Nächte). Insgesamt sind wir 23 Tage unterwegs.
Moskau – Wladiwostok – Google Maps
2) Visum checken
Für das Russland-Visum brauchen Reisende außer der Einladungen, einen noch mindestens sechs Monate gültigen Reisepass mit mindestens zwei freien, gegenüberliegenden Seiten, ein aktuelles Pass-Foto, nicht älter als drei Monate, einen Nachweis über die Reisekrankenversicherung (z.B. über die Kreditkarte, einfach beim Anbieter anfragen). Der Antrag kann bereits online ausgefüllt und danach ein Termin bei der Botschaft oder Visumsagentur (z.B. Vfs.global) vereinbart werden. Das beste dran: Keine Wartezeiten vor Ort!
Als ich ein paar Tage nachdem ich den Antrag gestellt habe, meine Unterlagen und den Pass zur Agentur bringe, prophezeit mir die Dame am Schalter, dass aufgrund meines Namens alle glauben werden, ich sei Russin. Sie wird Recht behalten. Dass ich keine russische Verwandtschaft habe und trotzdem einen der beliebtesten russischen Namen trage, ist für viele unserer Reisebekanntschaften kaum zu glauben. Der Pass mit dem Visum ist jedenfalls innerhalb weniger Tage zur Abholung bereit. Alles klappt problemlos.
3) Kyrillisch lernen
Zumindest die Schrift entziffern und ein paar Phrasen zu können, wird sich auf jeden Fall als sehr hilfreich erweisen. Dazu reicht ein Babbel- oder Volkshochschul-Crash-Kurs. Wenn noch Zeit zum Aussprache üben bleibt, umso besser. Wir wurden häufig überhaupt nicht verstanden, so sehr wir uns auch bemüht haben.
4) Rechtzeitig Buchen
Wir buchen bereits ein halbes Jahr vorher die Flüge Wien-St. Petersburg, Wladiwostok-Moskau und Moskau-Wien (so viel zur Nachhaltigkeit des Zugfahrens – unser ökologische Fußabdruck ist kriminell). Die drei Flüge kommen auf insgesamt 500 Euro.
Drei Monate vor Reisetag, werden die Tickets online gestellt und es lohnt sich möglichst früh zuzuschlagen. Wir wissen da zwar noch nicht, dass es einen Unterschied macht, in welchen Abschnitt des Zuges das Abteil gebucht werden sollte (je niedriger die Zahl umso neuer), aber wir entscheiden uns für die Rossiya Züge, weil die einen guten Ruf haben.
Wir buchen auf der Website der russischen Eisenbahn, weil es dort billiger ist als über Reiseagenturen. Nicht alles wird auf Englisch übersetzt, aber dank Google Translate ist das kein Problem. Ich kann mit meinen spärlichen Russischkenntnissen bei der Frühstückswahl helfen: нормальный (normalny), вегетарианец (vegetarianjez), диета(diyeta) – wenn man das kyrillische Alphabet kann, ist das noch leicht zu verstehen. Der zweimonatige Babbelsprachkurs hat sich also bereits ausgezahlt. Insgesamt kosten die vier Zugfahrten 500 Euro (für 2. und 3. Klasse).
5) Offenheit bewahren
Eines der schwierigsten Dinge vor der Reise ist es, keine Erwartungen zu haben, sondern den Spielraum für das Unplanbare zu wahren, die Wünsche die man an die Ausflucht hegt, die Must-do- und Must-see-Listen nicht überhand nehmen zu lassen.
Obwohl ich kaum etwas über Russland weiß, fällt es mir diesmal besonders schwer, weil ich gerade nichts mehr brauche als die Flucht vor dem, was zu meinem Alltag geworden ist. Selten kam mir der Tag der Abreise so quälend weit entfernt vor. Weg, weg, weg, denke ich mir wenn ich aufstehe, wenn ich in die Arbeit fahre, wenn ich in quälenden Meetings sitze, wenn ich auf den Bildschirm starre und wenn ich am Abend erschöpft nachhause komme. Weg, weg, weg. Ich nehme mir vor, nicht zu erwarten, dass diese Reise Klarheit bringt, aber Abstand sollten 8.069,14 km Luftlinie Entfernung schon bringen.
6) Packen
Was auf jeden Fall nützlich ist::
- Ohropax
- Schlafmaske
- Decke/Schal zum Abdunkeln oder für mehr Privatsphäre
- Emaille Geschirr und Tasse
- Göffels (ein Essbehelf, der Gabel, Löffel und Messer gleichzeitig ist)
- Allzweckseife (zum Duschen, Geschirr-/Wäschewaschen, Zähneputzen, Rasieren, etc.)
- Jogging Hosen (die bequemste, die du hast)
- Flip Flops
- Ein Toilette-Beutel zum Aufhängen (es wackelt auch am Klo/“Badezimmer“)
- Lesestoff – Hörbücher (dann kann gleichzeitig aus dem Fenster gesehen werden)
- Spiele – besonders geeignet sind Kartenspiele
- Steckdosenleiste (um lebenswichtige elektronische Geräte aufzuladen wie Handy, E-Reader, Laptop etc.) – ein Adapter ist nicht notwendig
- Süßigkeiten wie Mannerschnitten, Mozartkugeln etc. (um kleine Kinder anzulocken – Scherz! Aber zur Kontaktaufnahme mit den Mitreisenden ganz praktisch, oder als Dankeschön)
- Insektenschutz
- Wäscheleine
- Taschenmesser
- Stirnlampe (obwohl es meistens eher zu hell als zu dunkel im Zug ist)
- Eine analoge Uhr, die sich nicht automatisch den ständig wechselnden Zeitzonen anpasst – für den Überblick
Wir reisen mit Rucksäcken – die kann man besser verstauen. Ich habe es geschafft meine Kleidung auf das wirklich Nötigste zu reduzieren und werde ständig das Gleiche tragen. Wir haben bereits in Wien ein paar Rubel gewechselt, prinzipiell ist das aber nicht unbedingt notwendig, es gibt genug Bankomaten in den Städten.
Unsere Reise beginnt auch gleich mit einer Zugfahrt zum Flughafen. Endlich ist es soweit! Russland wir kommen!
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